Neues Leben hinter alten Mauern

Fotos: Michel Koczy; www.michel-koczy.com

Denkmal links, Sehenswürdigkeit rechts. Potsdam hat mehr davon als andere Städte. Wir stellen in jeder Ausgabe ein Bauwerk mit Geschichte vor, das einen zweiten Blick verdient. Diesmal waren wir Am neuen Garten unterwegs.

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Die Gegend ist ein begehbares Geschichtsbuch. Architektur, Park- und Gartengestaltung offenbaren neue Ausdrucksformen jenseits barocker Verspieltheit, beglückende Lennésche Gartenvisionen und gleich mehrere große Überraschungen bei eher kleinen Gebäuden. Auch jenseits des rund 100 Hektar großen Parkgeländes stehen zumeist frisch herausgeputzte architektonische Schmuckstücke nebeneinander und scheinen um Bewunderung und Beachtung zu wetteifern. Stilvoll- schlicht, reinweiß strahlend und symmetrisch gestaltet, nimmt sich die an der Ecke Am Neuen Garten/Behlertstraße freistehende Villa beinahe preußisch- bescheiden aus. Kein Wunder, denn das in den 1920er-Jahren gebaute Haus, dessen Fassade denkmalgeschützt ist, war einst ein Amtshaus, in dem in der Zeit der Weimarer Republik der preußische Forstfiskus residierte. Hier befanden sich unter anderem die Forstkasse und die Kasse des Viktoriagymnasiums (heute Helmholtz-Gymnasium)."

neues-leben-hinter-04In den 1930er-Jahren wohnten der Oberlandesforstmeister Wilhelm Hausmann und der Forstoberrentmeister Ernst Westphal in diesem Haus. Nach der Wende erfolgte mit einer achtsamen umfassenden Sanierung die Wiedergeburt des Gebäudes. Hier am südwestlichen Ufer des Heiligen Sees, gerade mal 50 Meter von der Villa entfernt, bestimmt die Mischung von exklusiver Wohngegend und Gewerbe das Bild: Idylle pur mit Liegestühlen und Sitzecken in gepflegten Gärten, dazu Ärzte, Anwälte, Büros und Firmen. Seit ein paar Monaten arbeitet das Team der weltweit agierenden Potsdamer ECommerce- Plattform Grey Labelz im Gebäude Am Neuen Garten 1A; ein B2B-Unternehmen im bunten Modegeschäft ohne direkte Kundenkontakte. „Das Haus bietet uns Raum zum Wachsen“, weiß Firmenchef Nicholas Gräbert. „Es gewährt beste Bedingungen sowohl für unser Business als auch besonders für unser Team, in dem alle die meiste Zeit des Arbeitstages am Computer verbringen. Hinzu kommt die Lage, umgeben von Potsdams Sehenswürdigkeiten, nahe der City und gerade mal 25 Minuten von Berlin entfernt.“ Die Räume sind offen und großzügig, Arbeiten in wohnlicher Umgebung, dazwischen originell eingerichtete, technikfreie Ecken zum Abschalten. Vier riesige Bäder mit teilweise freistehenden Badewannen erinnern daran, dass das Haus nach der Sanierung ursprünglich als Wohnhaus konzipiert war. „Wir finden das ideal, denn im Sommer nutzen wir den Heiligen See vor der Haustür und können anschließend duschen“, erzählt Nicholas Gräbert, der eine Köchin ins Team holte, damit es täglich frische und gesunde Mahlzeiten gibt. Wohlfühlen als Geschäftsprinzip.

Raritäten mit Charme

Immobilien-Expertin Caren Rothmann - Foto: DAn ZOuBEK Fotografi e
Immobilien-Expertin Caren Rothmann – Foto: DAn ZOuBEK Fotografi e

Nach wie vor hat das Haus eine Wohnung, die über einen separaten Eingang verfügt. Schon von Berufs wegen hat Immobilien-Fachfrau Caren Rothmann, die die Villa des Potsdamer Unternehmens nun im Alleinauftrag vermittelt, einen Blick für die Finessen von Gebäuden. „Ich mag den Charme alter Häuser, die uns so viel von den Menschen erzählen, die sie gebaut haben, hier lebten und arbeiteten“, bekennt sie. „Potsdam bietet eine nahezu verschwenderische Fülle von historischen Gebäuden, bei deren Sanierung die Eigentümer – und natürlich auch der Denkmalschutz – akribisch darauf geachtet haben, die Stilelemente, Eigenheiten und charakteristischen Details nicht nur zu erhalten, sondern sie zu betonen.“ Und so zeigt Caren Rothmann mit ausgeprägtem Gespür für Design und Ästhetik einige Besonderheiten des Gebäudes Am Neuen Garten 1A, die einen zweiten Blick verdient haben: Dazu gehören die erhaltenen tragenden Säulen im Keller des Hauses genauso wie der beschauliche Wintergarten mit Seeblick. Die Fenster – es sind die originalen – öffnen sich horizontal und erinnern damit an Urlaub auf den britischen Inseln. Die Lampen im Eingangsbereich, dessen Farbgebung in Grau und kräftigen Rottönen eine exklusive Wohnlichkeit verbreitet, stammen vom Antiquitätenmarkt. „Das Haus verbindet altbautypischen Charme mit einem modernen Nutzungskonzept“, fasst Caren Rothmann, geschäftsführende Inhaberin der David Borck Immobiliengesellschaft, zusammen. „Eine wohltuende Harmonie mit viel Stil.“