Digitale Impulse für die Gesundheitsversorgung

Diese „Public Private Partnership“ ist deutschlandweit einmalig: Zum Start des neuen Semesters trat der Kooperationsvertrag zwischen dem Hasso-Plattner-Institut (HPI) und der Universität Potsdam zur Gründung einer gemeinsamen Fakultät in Kraft. Die Digital-Engineering-Fakultät ist damit die erste privat finanzierte Fakultät einer öffentlichen Universität in Deutschland.

Finanziert wird die gemeinsame Fakultät durch die Hasso-Plattner-Stiftung. – Neben der Ausweitung der Forschungsaktivitäten im Bereich Digital Engineering sind an der Digital-Engineering-Fakultät vier neue Masterstudiengänge geplant: Digital Health, Smart Energy, Cybersecurity und Data Engineering. Insgesamt sollen zunächst 12 zusätzliche Professuren eingerichtet und ausgeschrieben werden. Der Bau neuer Räumlichkeiten startete bereits Anfang des Jahres. Was verbirgt sich hinter digitaler Gesundheit? Rechner ohne Viren? Oder Gesundheitsprogramme für Programmierer? Wir fragten HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel."

Die Digitalisierung verändert die Medizin. Womit werden sich die zukünftig Studierenden des Masterstudienganges Digital Health beschäftigen?

HPI-Direktor Professor Christoph Meinel – Fotos: HPI / Kay Herschelmann

Es ist das neue, große Thema, das Gesundheit und Informatik zusammenbringt: die Zusammenführung und Analyse von Gesundheitsdaten. Diese Daten stammen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, Krankenverläufen, Therapien und Medikation. Die Auswertung und datenbasierten Vergleiche können zu neuen Erkenntnissen über Krankheitsentstehung, Prävention sowie Sinn und Wirksamkeit von Behandlungen führen. Es ist das Thema Smart-Data-Analyse im Gesundheitsbereich. Auch medizinische Geräte und moderne Health-Tracker sammeln Daten, die Auskunft über den Gesundheitszustand eines Menschen geben können. Wenn man diese Daten miteinander verknüpft und richtig interpretiert, lassen sich daraus viele Schlüsse ableiten, welche Therapien z.B. wann sinnvoll sind, bei welcher Konstitution eines Patienten welches Medikament in welcher Dosierung wirksam ist und vieles mehr. Ganz allgemein gesagt: Das Datenverständnis und die Verknüpfungen der Informationen helfen, den Gesundheitsstatus zu erhalten und die Behandlungen zu verbessern.

Die Inhalte sind gesetzt. Wie geht es nun weiter?

Wir wollen jetzt eine Digital Health Abteilung aufbauen und Professoren berufen, die Schwerpunkte in dieser sehr komplexen Thematik setzen. Das reicht von Genomik als typischem DigitalHealth-Thema bis hin zur Qualitätssicherung im Gesundheitssystem, in den Behandlungsmethoden und beim Einsatz von Medikamenten.

Das überschreitet klassische Studienrichtungen. Wer wird diesen Masterstudiengang absolvieren?

Vor allem Informatik- und Medizinstudenten. Im Mittelpunkt werden Analysetechniken im medizinischen Kontext stehen – es geht also darum, zu lernen, wie riesige medizinische Daten erhoben, bewertet und in einen entsprechenden Zusammenhang gesetzt werden können.

Gibt es einen vergleichbaren Studiengang oder ist das eine Potsdamer Erfindung?

Mit absoluten Aussagen muss man immer sehr vorsichtig sein. Bereits vor 10, 15 Jahren wurden in vielen Universitäten Fachbereiche zur Bio-Informatik aufgebaut, in dem es um die Nutzung der Informatik in ganz verschiedenen biologischen Zusammenhängen geht. Hier gibt es einzelne Professoren, die sich auch mit Daten-Analyse-Themen im Bereich Digital Health befassen. Aber Digital Health ist schon ein neuer Ansatz, der im Kontext der inzwischen verfügbaren riesigen medizinischen Datenmengen und der zur Bearbeitung dieser riesigen Datenmengen verfügbaren Rechen- und Speicherkapazitäten möglich wird. Der Studiengang Digital Health wird Mediziner und Informatiker bei der Analyse und dem besseren Verstehen medizinischer Daten zusammenbringen. Daten, die durch die Digitalisierung des Gesundheitssystems überall anfallen, aber häufig getrennt voneinander erhoben und kaum vernetzt betrachtet werden. Wenn wir verstehen, diese richtig zu „lesen“, wird das große positive Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem haben.

Ob und inwieweit spielt es eine Rolle, dass dieser Studiengang ein Kind Brandenburgs ist?

Ganz einfach: Weil wir als HPI die Eltern sind. Wir verstehen uns als ein Motor im Bereich der Informatik und greifen sehr behände neue relevante Themen auf. Zugleich haben wir in der Region gute Nachbarn, die helfen, dass dieses „Kind“ gut gedeihen wird. Dazu zählen gleich mehrere namhafte Gesundheitseinrichtungen in Berlin und Brandenburg, der geplante Aufbau des Gesundheitscampus Brandenburg sowie eine Vielzahl von Forschungseinrichtungen auf diesem und verwandten Gebieten.

Wo liegen die Einsatzmöglichkeiten der zukünftigen Absolventen?

Da wird es keine Einsatzschwierigkeiten geben. Ein Großteil wird in die Medizin gehen. Aber auch die Pharmaindustrie braucht für die Entwicklung neuer Medikamente Menschen mit diesem Knowhow. Die Versicherungen werden an solchen Spezialisten interessiert sein, um Kostenentwicklungen zu verstehen. Und natürlich wartet immer auch die Wissenschaft auf topausgebildete, innovative Querdenker. Ich sehe also sehr vielfältige Einsatzmöglichkeiten für die praxisnah ausgebildeten zukünftigen Absolventen.

Und wann werden sich die ersten Studierenden einschreiben?

Da kann ich leider noch keinen festen Termin nennen. Zunächst müssen wir die Professoren berufen, dann geht es sofort an die Konzeption des Studienplans. Aber ich hoffe, dass wir das alles bis Ende 2018 schaffen, sodass wir im Wintersemester 18/19 starten können.

  • Das 1998 gegründete Hasso-Plattner-Institut (HPI) ist in der deutschen Universitätslandschaft einmalig
  • Nirgendwo sonst kann man „ITSystems Engineering“ studieren – eine besonders praxisnahe Art des Informatikstudiums
  • Seine „School of Design Thinking“ offeriert Studierenden aller Fachgebiete eine innovative Zusatzausbildung im kreativen Entwickeln besonders nutzerfreundlicher Produkte und Dienstleistungen und feiert in diesem Jahr 10-jähriges Jubiläum.
  • Über seine Internet-Bildungsplattform openHPI.de bietet es Interessenten aus aller Welt kostenlose, offene Online-Kurse zur Informationstechnologie an.