Der Traum von der eigenen Scholle

Foto: landluft.berlin

Erik Schmitz von landluft ist studierter Meeresbiologe und Bioinformatiker. Der Makler in der Uckermark war lang in der IT-Branche tätig, bis er sich dafür entschied, moderne Holzhäuser auf möglichst naturnahen Grundstücken zu bauen und zu verkaufen. Da solche Baugrundstücke auch im dünn besiedelten Brandenburg sehr selten zu finden sind, begann er erfolgreich damit, schöne alte Häuser in ländlicher Umgebung zu vermarkten. Wir haben ihn zum aktuellen Drang vieler Städter aufs Land befragt. 

Erik Schmitz | Foto: Nina Schröder

Vor 19 Jahren haben Sie selbst Ihr altes Backsteinhaus in der Uckermark gefunden. Es ist Ihnen zugelaufen, Sie mussten nicht suchen. Leben Sie inzwischen komplett auf dem Land, oder pendeln Sie zwischen Berlin und der Uckermark? 

Inzwischen lebe ich vornehmlich auf dem Land und fahre hin und wieder nach Berlin zum Arzt oder um mich mit Freunden zu treffen. Meine Frau muss berufsbedingt noch zwei, drei Tage in der Woche in Berlin verbringen. 

Der Drang aufs Land hat sich in den letzten Jahren sehr verstärkt. Der Hype um Gerswalde ist nur ein Beispiel. Wie hat sich der Immobilienmarkt im Umfeld Berlins, besonders in der Uckermark, aus Ihrer Sicht generell verändert? 

Die Uckermark war auch schon früher ein Ferien- und Wochenendwohnsitz für Großstädter. Vor dem Krieg vereinzelt entlang der Bahnlinien, in den 1970ern und 80ern für Künstler und Schriftsteller, die ein bisschen Abstand gewinnen und persönliche Freiheit erfahren wollten, aber auch für „normale“ Ber- liner. Ganz abgerissen war der Trend nie, aber in den letzten ca. 5 Jahren sind es zunehmend auch etwas wohlhabendere Leute, die suchen. Leute, die nach Berlin gezogen sind, sich dort orientiert und etabliert haben und nun nach einem Zweitwohnsitz auf dem Land suchen. Bei diesen steht die Uckermark ganz oben auf der Liste. 

Das hat sich seit Corona verstärkt, oder? 

Ja, seit der Pandemie hat es noch einmal einen deutlichen Anstieg der Nachfrage gegeben. Die Stadt hatte zwischenzeitlich viel von dem eingebüßt, was sie attraktiv macht. Viele suchen eine eigene Scholle als vermeintlich sicheren Zufluchtsort für sich, ihre Familie und ihr Geld. 

Wo liegen die Preise im Vergleich zu den Vorjahren? 

Vor allem für die attraktivsten Grundstücke in den gesuchtesten Lagen, Seegrundstücke Alleinlagen in schöner Natur mit schönen Gebäuden oder Grundstücke in einigen sehr hübschen und aus Städtersicht entwickelten Orten, würde ich mir schon zutrauen, heute das Doppelte von dem zu erzielen, was vor vier, fünf Jahren drin war. 

Wer sind Ihre typischen Kunden und was genau suchen die? 

Die typischen landluft.berlin Kunden definieren sich natürlich auch durch das Angebot, bei welchem ich, und das im Gegensatz zu vielen anderen, eine stringente Vorauswahl treffe. Die mit Abstand größte Gruppe derzeit sind etwas wohlhabendere Menschen aus Mitte oder Prenzlauer Berg – oft aus künstlerischen Berufen, oft mit Kindern – die einen möglichst ländlichen Zweitwohnsitz suchen. Dann gibt es ältere Leute, die beruflich langsamer treten und ihren Lebensmittelpunkt aufs Land verschieben möchten. Das gerne in der Nähe von Berlin, damit sie ihre dort lebenden Kinder und Enkel besuchen können. Und sicherlich gibt es seit der Pandemie auch eine größere Fraktion, die gerne ganz raus ziehen möchte. Aber für die sind unsere Angebote eigentlich meist ein wenig zu ländlich. 

Über was stolpern am Landleben interessierte Großstädter am meistens, welche Probleme tauchen häufig auf? 

Ganz aktuell dürfte eine große Hürde sein, Handwerker und Baumaterial aufzutreiben. Viele machen sich im Vorfeld auch Gedanken, ob sie mit den Einheimischen zurechtkommen werden. Ich denke, wenn man offen auf die anderen vor Ort eingeht und sich bewusst ist, dass man öfter mal seine Blase verlassen muss, dann kann es für beide Seiten eine positive Erfahrung werden. Und klar, wenn man keine Alleinlage erwirbt, kann man wie überall schwierige Nachbarn erwischen. Das können dann aber genauso gut andere Ex- Städter oder Wochenenddörfler sein. 

Wie schaut es mit Ihrem Angebot aus, also mit verfügbaren geeigneten Objekten in der Uckermark. Gehen die Ihnen als Makler nicht langsam aus? 

Nein, im Gegenteil. Meine ungewöhnliche aufwändige Herangehensweise hat sich herumgesprochen und es melden sich nicht nur mehr Suchende, sondern auch mehr Anbieter bei mir. Dadurch bin ich inzwischen in der luxuriösen Lage, sehr wenig Energie in die Akquise stecken zu müssen und mich ganz auf eine seriöse und qualitätvolle Vermarktung und Abwicklung konzentrieren zu können. 

Kommt es häufig vor, dass es jemand vor dem Kauf einen Rückzieher macht? Und woran liegt das meistens? 

Dass es sich jemand anders überlegt, kommt fast nie vor. Dass die Finanzierung scheitert, manchmal schon. Die Banken schätzen den Wert der von landluft angebotenen Immobilen oft recht niedrig ein, so dass man mehr Eigenkapital mitbringen muss. Für eine Bank ist z.B. eine Alleinlage mitten in der Natur wertmindernd, wohingegen unsere Interessenten für solche Immobilien höhere Preise zahlen. Aber neue Häuser von der Stange im Neubaugebiet sucht kein landromantischer Städter, so etwas haben wir auch nicht im Angebot. 

Die Welt ist ein Dorf, sicher erfahren Sie, was später aus den verkauften Objekten wird. Welche Reaktionen bekommen Sie darüber, ob Käufer mit der Immobilie und dem Landleben zufrieden sind? 

Wenn ich Rückmeldungen erhalten habe, waren diese immer sehr positiv. Sicher gibt es bei der Sanierung und beim Umbau alter Häuser hier und da Überraschungen, die auch ein paar Euro zusätzlich kosten können, aber angesichts der Marktentwicklung sollte es dann doch gut angelegtes Geld sein. 

Ob Sommerhaus am See, Datsche, Bauernhof oder Baugrundstück: Welche Vorgehensweise würden Sie jemandem empfehlen, der ein Objekt in der Uckermark erwerben möchte und sich noch nicht sicher ist, was die konkrete Nutzung angeht á la „Vielleicht ziehen wir später mal ganz raus …“? 

Lustigerweise sagen genau das fast alle. Man sollte sich seiner Prioritäten möglichst schnell klar werden, rausfinden, bei welchen Punkten man am ehesten zu Kompromissen bereit ist. Würde man z.B. nicht vielleicht doch bereit sein, 20 Minuten länger zu fahren, wenn dafür der Preis erheblich niedriger ist? Dann sollte man sich klar sein, dass ein großer alter Hof und ein großes Grundstück auf Jahre viel Zeit und Mittel binden werden. Je weniger man vom einen hat, desto mehr sollte man vom anderen aufbringen können. Es ist nicht jederfraus/ jedermanns Sache, sich bis „später mal“ die meisten Wochenenden mit Haus und Garten zu beschäftigen.