Hypnose hilft – ich träume beim Zahnarzt

Doppelinduktion mit Hypnoseassitentin. Fotos: Dr. Jeannine Radmann

Es ist wirklich ein Phänomen. Patienten sind unter Hypnose viel entspannter und zugänglicher. Besonders Angstpatienten profitieren von der Behandlung in Trance und erleben den Zahnarztbesuch oft zum ersten Mal nicht mehr als Horrortrip. Warum dies so ist und worauf man bei einer Hypnosebe-handlung achten muss – erklärt uns Dr. Jeannine Radmann, Hypnosezahnärztin in Berlin und Leiterin der Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH)-Regionalstelle Berlin-Brandenburg.

Dr. Jeannine Radmann

Einige sind vorher skeptisch, fürchten den Kontrollverlust, haben Angst nicht mehr aufzuwachen oder gar nicht erst in Trance zu kommen oder trotzdem Schmerzen zu haben. Das ist verständlich und deshalb wird sich ein gut ausgebildeter Hypnosezahnarzt beim ersten Termin viel Zeit nehmen, um mit dem Patienten ins Gespräch zu kommen. Wovor fürchtet er sich am meisten? Was waren seine bisherigen Erfahrungen? Was könnte helfen? Diese Fragen geben dem Patienten Raum, seine Geschichte zu erzählen und das Gefühl, auch als Angstpatient willkommen zu sein. Und dieses Willkommen erleben Angstpatienten hier oft zum ersten Mal. 

Es wird erklärt, dass Trance ein natürlicher Zustand ist, in dem das Bewusstsein verändert ist. Die Aufmerksamkeit geht von außen nach innen und fokussiert sich auf etwas. Jeder hat schon einmal beim Lesen eines spannenden Buches oder bei langen Autofahrten alles um sich rum vergessen. Diese natürliche Fähigkeit, etwas „wie in Trance“ zu tun wird von der modernen medizinischen Hypnose genutzt. In Hypnose zu gehen ist ein freiwilliger Vorgang, bei dem der Wille nicht eingeschränkt wird. Der Patient ist während der Behandlung jederzeit ansprechbar und kann selbst entscheiden, wie viel er mitbekommen möchte. Alle Fragen des Patienten werden geduldig beantwortet. Damit steigt das Vertrauen enorm. Gleichzeitig kann der Hypnosezahnarzt bei diesem Erstgespräch ein Gefühl für den Patienten bekommen, um eine ganz individuelle Trancereise zu entwickeln. 

Am Tag der Hypnosebehandlung ist der Patient dann gut informiert, kennt den Ablauf und das Hypnoseteam sehr gut. Bei der Einleitung in die Trance wird oft mit speziellen Lampen die Aufmerksamkeit nach innen gerichtet und eine Hand als Trancehelfer aufgestellt. Gut ausgebildete Hypnosezahnärzte arbeiten meistens mit Hypnoseassistenzen zusammen, so dass der Patient von beiden Seiten mit sanften Worten in Hypnose geführt wird. Das kann sich zum Beispiel so anhören: „Stellen Sie sich vor wie Sie den Mund zur Behandlung abgeben und mit jedem Atemzug immer tiefer und tiefer in das Polster des Stuhls sinken. Und das Gefühl in Ihrer linken Hand verändert sich immer mehr, und dieses veränderte Gefühl sorgt dafür, dass sie tiefer in Trance gehen, und diese linke Hand kann wie ein Blitzableiter sein, alles was der Mund nicht hören oder fühlen möchte, kann er über die linke Hand ableiten. Und in Trance sind viele Dinge gleichzeitig möglich, Sie können gleichzeitig an ihrem geliebten Entspannungsort verweilen und gleichzeitig wie ein wissenschaftlicher Beobachter die Behandlung vom anderen Ende des Sprechzimmers aus sicherer Entfernung betrachten. Und mit jedem Atemzug sinken sie immer tiefer und tiefer…“

Hypnose ist eine Entspannungs- und Suggestionstechnik

Sie funktioniert am besten, wenn die Patienten aktiv mitarbeiten. Der Patient soll sich an einen für ihn sicheren inneren Ort zurückziehen. Er nennt dazu Stichwörter, die in die Hypnose einfließen. Das muss nicht immer Sonne, Strand und Meer sein. Auch Aktivitäten sind willkommen. So kann das Bohrgeräusch bei der Zahnbehandlung in das Brummen und Rumpeln eines Geländewagens auf den Offroad Routen durch die afrikanische Wildnis utilisiert werden. Der Patient kann in jeder Hypnose Situation immer die Kontrolle behalten. Sobald der Patient sich unwohl fühlt und die Behandlung unterbrechen will, kann ein Handzeichen geben. Wir Hypnosezahnärzte wollen mit zahnärztlicher Hypnose dem Patienten helfen, die Angst zu reduzieren, aber auch Schmerzen lindern, bis dahin den Schmerzreiz komplett auszuschalten.

Warum empfindet man unter Hypnose weniger Schmerz? Was im Gehirn passiert ist noch nicht restlos erforscht. Untersuchungen mit Magnetresonanztomographie (MRT) haben aber gezeigt, dass die Gehirnaktivität unter Hypnose geringer ist als im Wachzustand und Außenreize gefühlt weniger wahrgenommen werden. Das limbische System im Gehirn kann in kritischen Situationen gezielt Schmerz ausblenden, indem es Schmerzsignale blockiert, die über Nervenbahnen aus dem Körper kommen. Das kann bei der Hypnose genutzt werden. Trance fokussiert auf Ruhe und Entspannung und sorgt dafür, dass Schmerzsignale nicht zum Großhirn weitergeleitet werden. Der Reiz wird nicht mehr bewusst empfunden. Durch die Hypnose empfinden die Patienten während der Behandlung also viel weniger Stress. 

Nach der Hypnose berichten viele davon, dass sie die Zahnbehandlung als viel angenehmer erlebt haben. Sie fahren runter wie in einen Ruhemodus, als ob man sein Handy in den Flugmodus schaltet. Im Gegensatz zur Vollnarkose sind die Patienten in Hypnose nicht total ausgeknockt, sondern nehmen das Geschehen im Sprechzimmer mehr oder weniger undeutlich und entfernt wahr. Das ist der Moment, wo das Unbewusste etwas Neues lernt. „Ich liege hier ganz entspannt aus dem Zahnarztstuhl, träume vom Urlaub und gleichzeitig wird in meinem Mund gebohrt.“ Unser Unbewusstes erkennt sofort, dass diese neue Erfahrung viel besser ist als die alten und wird mit jeder weiteren guten Trance die alten Angstreaktionen verlernen.

Ein Patientenfeedback 

„Ich bin so happy, ich habe gelernt beim Zahnarztbesuch von Afrika zu träumen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie es früher bei mir war. Schon in der Nacht vor dem Termin fand ich keinen Schlaf. Wenn ich mich dann wirklich in eine Zahnarztpraxis getraut habe, war ich schon im Wartezimmer schweißgebadet, und einmal bin ich einfach wieder abgehauen. Klar hatte ich schon mehrmals recherchiert, was ich gegen diese Angst tun kann. Ich hatte auch schon über Hypnose gelesen, aber ich dachte immer dieser Hokuspokus ist nichts für mich. Über einen Freund kam ich dann doch in diese Hypnosezahnarztpraxis nach Berlin. Sie haben sich hier viel Zeit genommen und mich gefragt, wo ich denn viel lieber wäre als hier. Da musste ich nicht lange überlegen. Ich liebe Afrika. Hokuspokus hin oder her, ich weiß jetzt, dass Hypnose viel mit Konzentration und Fantasie zu tun hat. Mit traumhafter afrikanischer Musik und der säuselnden Stimme der Hypnoseassistentin bin ich wirklich im Geländewagen über holprige Straßen quer durch Afrika gereist während in meinem Mund endlich die Ruinen repariert wurden. Es war ein herrliches Gefühl die Hände fest am Lenkrad zu haben und den Wind im Haar zu spüren. Ich hätte nie gedacht, dass das bei mir klappt, auch weil ich so ein Kontrollfreak bin. Mittlerweile gehen die Zahnbehandlungen auch ohne Hypnose. Ich brauche nur diese traumhafte afrikanische Musik, stelle meine linke Hand ans fiktive Lenkrad und schon bin ich Offroad auf Safari.“ (Patientenfeedback von Holger P. 52 Jahre)

Übrigens können wir auch den kleinen Angsthasen helfen. Kinderhypnose ist eine Sonderform der zahnärztlichen Hypnose, die viel mit faszinierenden Ablenkungstechniken, Traumreisen und fröhlichen Geschichten zu tun hat.

Hypnose ist keine Kassenleistung, eine Sitzung kostet je nach Zeitaufwand ca. 150 €. Patienten sollten darauf achten, dass Ärzte dafür eine Zusatzqualifikation haben. Die Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH) bietet eine Therapeutenliste an. Hypnosezahnärzte gelangen auf diese Liste nur nach einer intensiven hochprofessionellen Ausbildung. Hypnose hilft! Seien sie bereit und bringen Sie eine schöne Erinnerung mit.

www.gesunde-zaehne-lebenslang.de
www.dgzh.de