Heizkultur und Ofenkunst

Fotos: Sammlungen OKMHB Velten

Eine der größten existentiellen Kulturleistungen der Menschheit ist die Kultivierung des Feuers. Das Ofenmuseum in Velten zeigt, wie der Ofen nicht nur die Wärme in die Stube brachte, sondern sich als modisches Wohnequipment dem Zeitgeist anpasste.

Das Ofenmuseum in Velten befindet sich in der alten Ofenfabrik, in der bis 2018 noch produziert wurde. Die vom Förderverein des Ofenmuseums gegründete Stiftung Museumsstandort Velten hat das gesamte Fabrikgelände erworben und das Ofenmuseum dort neu eingerichtet.

Gegründet wurde das Museum bereits 1905, denn Velten war zu diesem Zeitpunkt eine Agglomeration von 40 Ofenfabriken, die zu Hochzeiten pro Jahr mehr als 100.000 Öfen für die aufstrebende Industriemetropole Berlin produzierten. Günstige Transportwege – Berlin konnte über Straßen oder Wasserwege gut und günstig erreicht werden – sowie günstige Ressourcen – Velten war reich an Tonvorkommen – führten dazu, dass sich Velten zu einem „Essen vor Berlin“ entwickeln hätte können. 1911 bekam Velten einen Hafen, um weitere Industrien vor Ort anzusiedeln. Der Erste Weltkrieg bremste sowohl die Entwicklung Veltens als auch jene des Ofenmuseums. Mal wurde es geschlossen, mal wieder geöffnet. Ende der 1960er Jahre sollte das Museum gar in die Havel verklappt werden. Doch das Deutsche Historische Museum kaufte Teile der Sammlung und lagerte sie ein. 1993 wurde das Museum wiedereröffnet, direkt im Dachgeschoß der Fabrik, denn in den unteren Etagen wurde ja noch produziert.

Wer heute das Museum betritt, beginnt seine Erkundungstour im damaligen Ausstellungsraum. Der einstige Showroom und sein Anbau sind heute ein Ort für Konzerte, Lesungen und für die Museumspädagogik. In diesem Multifunktionsraum sollen demnächst auch Hochzeiten stattfinden können, passend zum Schornsteinfegermuseum, dessen Eröffnung für die nächsten Jahre geplant ist. Das Team rund um die Museumsleiterin Nicole Seydewitz will auch die Gewerke rund um das Ofenhandwerk zeigen. Also nicht nur den Beruf des Keramikers, dessen filigrane Kunstfertigkeit in der 2. Etage zu betrachten ist, sondern auch den Ofensetzer, den Kohlekumpel, den Kohlelieferanten und eben den Schornsteinfeger.

Prunkstück des Museums sind natürlich die Ofen-Exponate. Öfen aus dem Zeitalter der Renaissance, aus dem Barock werden genauso gezeigt wie Öfen aus unterschiedlichen Regionen, bspw. aus der Schweiz oder aus Süddeutschland. Und natürlich der Berliner Ofen, der Velten berühmt machte. Ohne diesen Ofen, ein Massenprodukt mit weißen Schmelzkacheln, hätte sich Berlin nicht zur Weltmetropole entwickeln können, denn die vielen Industriearbeiter wollten es im Winter warm haben. Ein Kinderstubenofen oder auch der Sitzbankofen zeigen die Vielfalt der Veltener Ofenkunst.

Jeder, der noch aus der Generation der „Ofenkinder“ stammt, wird sich liebevoll zurückerinnern: an den Bratapfel oder an den Kartoffeltopf, der in der Backröhre des Ofens warmgestellt werden konnte. Auch das Anlehnen an den Ofen war nicht nur bei den Älteren beliebt. Gerade Grundschulklassen sind von der Vielzahl der Öfen und ihrer Funktionen beeindruckt. Und so zeigt das Veltener Ofenmuseum, dass der Ofen mehr ist als ein Heizapparat. Wohl dem, der heute noch einen sein eigen nennen kann.

www.okmhb.de