Alter schützt vor Wandel nicht – Oldtimer in der Diskussion

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Lange schien der Himmel über der Old- und Youngtimer Welt wolkenfrei. Stets steigende Zahlen alter Autos und Fans, Messen und Rallyes waren wie ein Dauer-Hoch. Eine große allgemeine Akzeptanz gegenüber dem freundlichen Hobby schien garantiert. Dem entsprach auch eine stets wachsende wirtschaftliche Relevanz. Sogar die Corona-Krise konnte der Leidenschaft für altes Blech nichts anhaben, im Gegenteil, die Zahl der Interessenten und Halterinnen und Halter von Old- und Youngtimern stieg ebenso wie die Investitionen. Doch es sind sichtbare Wolken aufgezogen über dem Oldtimer-Himmel. 

Den geringsten Anteil daran hat der auch hier in den Werkstätten spürbare Fachkräftemangel, viel entscheidender ist ein zum Teil kritischeres, öffentliches und politisches Umfeld. Die gestiegene und wohl auch weiter steigende Zahl an gerade 30-jährigen Autos hat den Bundesrechnungshof auf den Plan gerufen und in die Steuer-Vorteile für Kfz mit H-Kennzeichen in die Debatte gebracht. Das Aus für die Verbrenner-Produktion wirft Fragen nach der Versorgung mit Benzin auf, ohne dass bislang die Zukunft mit eFuels gesichert ist. Erste Kommunen haben bei ihnen seit Jahrzehnten stattfindende Oldtimer-Treffen abgesagt als mit der Zeit und anderen politischen Prioritäten nicht vereinbar: Dies empfanden Veranstalter wie Club-Freunde als eine kalte Dusche, war man vor Kurzem doch noch erwünscht, erzeugte gute Stimmung und spülte touristische Kaufkraft in die Städte und das Umland, wie dies weiterhin und ganz besonders bei den Einbecker-Oldtimer-Tagen der Fall ist.

Aussagefähige Vermessung durch die neue ifd-Allensbach Studie

Viele Oldtimer-Freunde machen sich Gedanken über die Perspektive ihres Hobbys und suchen nach Orientierung: lohnt es sich noch zu investieren? Perspektiven, und eine klare Vorstellung vermittelt eine sehr grundsätzliche und aufwendige neue ifd-Allensbach Studie, die von vielen Partnern wie von BBE Automotive getragen wird. Sie leuchtet alle Facetten aus und trägt Fakten zusammen: Dazu gehört erst einmal der Bestand. Mit 1,257 Mio. zugelassenen Fahrzeugen sind 2,6 Prozent älter als 30 Jahre, davon haben wiederum 56 Prozent (=1,5 Prozent des Gesamtbestandes ein H-Kennzeichen). In Berlin und in Brandenburg liegen die Oldtimer-Anteile bei 2,35 bzw. 2,29 Prozent. Noch einmal weitere 200.000 Oldtimer auf Bundesebene haben 07er Kennzeichen, befinden sich in Sammlungen, Museen, in Restaurierungen oder sind stillgelegt. Der Anstieg in den vergangenen elf Jahren verlief rasant: 2012 waren lediglich 390.000 Fahrzeuge älter als 30 Jahre, und die Zahl der Youngtimer (25-29 Jahre) legte von 1,26 Mio. auf 3,63 Mio. zu. Die Zahl der Fahrzeuge mit H-Kennzeichen unter den Oldtimern hielt mit dem Zuwachs nicht ganz Schritt, sie sank von 64 Prozent (2016) auf jetzt 56 Prozent. Auch wenn bisweilen Rekord-Summen etwa bei Auktionen hohe Aufmerksamkeit erzielen, bestimmen irdische Preise das Hobby Oldtimer: 39 Prozent der Autos mit H-Kennzeichen haben einen Wert von 10.000 bis 20.000 Euro. Und auch volkstümliche Autos wie der Opel Ascona A 1600 S mit einer Preissteigerung von 26 Prozent in einem Jahr charakterisieren das Hobby. Im vergangenen Jahre wechselten 55.000 historische Autos mit einem Durchschnittswert von 16.000 Euro mit einem Gesamtvolumen von 0,9 Mrd. die Eigentümer. 

Mehrheit mag Oldtimer 

Die Wahrnehmung dieser Welt ist und bleibt positiv. 71 Prozent der Befragten gaben an, sich zu freuen, wenn sie einen Oldtimer auf der Straße sehen, 37 Prozent interessieren sich für Oldtimer und 18 Prozent sagten, sie wollten sich einen Oldtimer anschaffen. Tendenziell überwiegt auch die Meinung, dass Oldtimer die Umwelt nicht schädigen und sahen auch kein Problem, dass sie in Umweltzonen fahren dürfen, etwas geteilter war die Meinung zu den Steuervorteilen. In der Tat gibt es aber auch ein Lager der Skeptiker, die sich aus ökologischen Gründen kritisch äußern. Die größten Freunde haben Oldtimer-Fans in der Gruppe der 45- bis 59-jährigen Männer (51 Prozent), aber auch unter den unter 30-Jährigen (41 Prozent). 

Aktives Eintreten für die Sache 

Was ist zu tun, um die Oldtimer-Welt zu bewahren? Erstens den Wandel zu sehen und auf ihn einzugehen. Sich den Debatten, um Umwelt und steuerliche Behandlung zu stellen – allein das „Etikett“ Kulturgut hilft nicht, sondern es geht auch um Nachhaltigkeit, die einem etwa 50 Jahre alten erhaltenen Käfer etc. innewohnt. Es geht darum deutlich zu machen, dass Autos mit H-Kennzeichen nur sorgsam und überlegt auf der Straße sind – die Durchschnitts-Fahrleistung von Oldtimern über 30 Jahre liegt bei 1.600 km im Jahr, aller PKW im Durchschnitt bei über 12.000 km. Es geht darum, das Hobby zu teilen und Menschen einzuladen, mitzumachen, etwa in Verbindung mit sozialen Aufgaben. Welche Freude lässt sich empfangen, wenn man Menschen im Seniorenheim zu einer Ausfahrt einlädt und diese dann in einem Auto ihrer Vergangenheit noch mal auf eine kleine Reise gehen. Welche Freude lässt sich erleben bei Ausfahrten in Gegenden, die kein großes Feierabend-Programm haben. Und nur eine unter weiteren Möglichkeiten sind die zahlreichen Versteigerungen von Oldtimern zugunsten guter Zwecke.

Die gesellschaftliche und politische Debatte verlangt Engagement, wofür etwa der Parlamentskreis Automobiles Kulturgut im Deutschen Bundestag mit seinem Vorsitzenden, Carsten Müller steht, der sich den Debatten stellt und für gute Rahmenbedingungen kämpft.

Unser Gastautor: 

Peter Klotzki ist neben seinem Berufsleben seit seiner Jugend ein Liebhaber von „alten“ Autos, Experte auf diesem Gebiet, Sammler von klassischer Auto-Literatur und von etwas altem Blech sowie Mitbegründer und Vorstandsmitglied des historischen Automobilclubs Ritter von Kalebuz e.V. im ADAC Berlin-Brandenburg.